Ja, ich gebe mir Mühe. Ich gebe mir Mühe zu gendern. Ja, ich bin für die Gleichbeteiligung der Männer im Haushalt und der Frauen im Beruf. Ja, homosexuelle und queere Menschen dürfen nicht diffamiert werden. Ja (naja), ich nenne dunkelhäutige Menschen PoC – auch wenn ich ein alter weißer Mann bin.
Das trage ich mit meinem Spielbein.Was erkannt wurde, was Sinn macht, das wird verändert. Ohne Arroganz, übend, ohne Anklage, leicht, freiwillig, freundlich. Weil wir uns ändern dürfen. Ich verhalte mich selbstverständlich. Ich gebe mir Mühe.
Aber warum um Gotteswillen verwenden wir fast ausschließlich unsere gesellschaftliche Energie für solche Themen, entfachen Shitstorms, definieren politische Korrektheiten, starten Riesenkampagnen (sogar mit dem Blödverein DFB) und regen uns wenig über die wirkliche gesellschaftliche Ungleichheit aus, die die Mutter aller Diskriminierungen ist: die widerwärtige Aufhäufung des konsumptiven Reichtums, der weltweite skandalöse Besitz von Produktionsmittel weniger, der Mietwucher in den Städten, die tägliche Ausbeutung (Vokabeln aus vergangener Zeit, die man nicht gendern kann). Wie viele dieser „Nebenwidersprüche“ hätten sich schon lange geklärt, wären die Gesellschaften gerecht, fair, freiheitlich und solidarisch, wäre Eigentum sozialpflichtig.
Wieso empören wir uns (statt zu korrigieren), wenn eine „Neger“ sagt? Wieso ertragen wir täglich die heruntergesabbelten Börsenquoten in den Nachrichten? Wieso schreibe ich „Teilnehmer*innen“ und weiß fast nichts nicht über die Gewalt an Frauen in Tigray? Wieso hüllen sich Städte und Supermärkte in Regenbogenfarben und rote Fahnen sind verpönt?
Karl Marx, komm´ bitte zurück und erkläre uns noch einmal die Haupt- und Nebenwidersprüche – bitte auch Olaf Scholz, diesem Sozialdemokraten. Und den weichgespülten Grünen, den sozialen Christen und zuweilen auch der Linken.
Und wenn Karl Marx nicht kommt, dann wenigstens Jesus Christus – nicht so gekonnt in der Analyse, aber verständlich für alle. Erbarme dich.