Im Entwurf der amerikanische Verfassung schreibt Thomas Jefferson 1776: „Wir erachten diese Wahrheiten als heilig & unbestreitbar, dass alle Menschen gleich und unabhängig geschaffen sind, dass sie, weil sie gleich beschaffen sind, natürliche und unveräußerliche Rechte besitzen, zu denen die Erhaltung des Lebens & Freiheit & das Streben nach Glück gehören; dass zur Sicherung dieser Ziele Regierungen unter den Menschen eingerichtet werden, die ihre rechtmäßige Macht aus der Zustimmung der Regierten herleiten.“
Jill Lepore zitiert Jefferson in ihrem fulminanten Buch „Diese Wahrheiten“ zu Beginn und entwickelt dann auf 1120 Seiten die Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika. Ein Buch, so gründlich wie tiefgründig, so erklärend wie poetisch, so erhellend wie ergreifend.
Wer die USA heute verstehen will, wer sich nicht begnügen will mit Antitrumpismus, sondern den Stolz und die Schmach dieser Nation nachvollziehen will, kommt an dem Buch nicht vorbei – auch wenn es eine dicke Herausforderung ist. Es entlarvt die Reden von „Gottes eigenem Land“ vom „Hort der Freiheit“, vom „demokratischen Vorbild“. Aber es zeigt auch die langen Kämpfe für die Befreiung aus Sklaverei und Rassismus, die Paradoxien der Frauenemanzipation und den (oft erfolglosen) Widerstand gegen Menschenrechtsverletzungen.
Wenn man die scharfen, knappen Analysen von Lepore liest, kann einem Angst und Bange werden: Die, unsere, Geschichte ist nicht beendet. Und Lepores trotzig-trauriger Epilog endet damit, dass sie auffordert, wieder nach den „Sternen“, den einstmaligen Idealen, zu navigieren.
Lesen! Das Nachdenken kommt automatisch. Und auf ernsthafte Art unterhaltsam ist das Buch zudem.
Jill Lipore: Diese Wahrheiten – Geschichten der Vereinigten Staaten von Amerika, München 2019 (C.H.Beck)
Lipore ist Professorin für amerikanische Geschichte an der Harvard Universität und vielfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin und Autorin.